Ich träumte einen Traum

Ich träumte einen Traum ...

Da lag ich, in einem Bett von weissen Lilien auf der grünen Wiese vor meinem Bauernhof, im wärmenden Schein der Aprilsonne. Die ersten Frühlingsblumen blühten, Schmetterlinge gaukelten durch die milde Luft und rings um mich hopsten Häschen, ein Bild der reinen Lebensfreude! Immer wieder hüpften sie in die Luft, und wenn ich die Hand ausstreckte um sie zu streicheln, dann genossen sie das sehr. Aus lauter Freude schenkten sie mir Eier, grüne, rote und hübsch gestreifte, jedes mit einer passenden Schleife versehen. Bloss blau war keines, blau war ja schon der Himmel über mir. Die Eier liessen sich öffnen und bescherten mir manche erfreuliche Überraschung. Die Häschen und ich, wir konnten nicht genug voneinander kriegen, der Spass hätte noch lange so weitergehen können.

Irgendwann musste ich eingeschlafen sein - eingeschlafen in einem Traum?! Jedenfalls fand ich mich erneut auf der Wiese wieder, doch rings um mich war es dunkel geworden. Nacht. Ob ein Gewitter aufzog? Ich spürte einen eiskalten Wind und über mir erstreckte sich eine dichte, schwarze Wolkendecke, kein einziger Stern leuchtete. Mich schauderte, und ich zog meine warme Jacke enger um mich. Wo war die heitere Stimmung geblieben, wo die fröhlichen Häschen und der leuchtende Sonnenschein?
Mir wurde unheimlich zumute. Der Wind rüttelte immer stärker an dem Farmmühlenrad, es rumpelte unheilverkündend und drehte sich ächzend und quietschend ... hatte es Sand im Getriebe? Jedenfalls drehte es sich immer langsamer, trotz des aufziehenden Sturmes, das ganze Gebäude zitterte dabei. Musste ich wohl die Futterproduktion unterbrechen, um Schaden abzuwenden? Konnten die Böen die Mühle sonst zu Fall bringen? Zögernd stand ich auf, doch da fiel mein Blick auf ein Licht. Weil es ringsum so dunkel war, leuchtete es weithin. Ob es da Rat und Hilfe gab?

Ich ging langsam auf den flackernden Schein zu und sah: Ein Feuer. Ein grosses, loderndes Feuer. Wer hatte das wohl angefacht?
Mit einem Mal hörte ich einen Singsang, verstehen konnte ich die Worte zunächst nicht, auch sah ich den Sänger nicht, doch als ich zögernd immer näher trat, konnte ich die Worte allmählich unterscheiden:

"Heute geb ich,
morgen nehm ich,
übermorgen ändre ich die Regeln wie ich will.
Ach wie gut, dass niemand weiss,
dass ich Fie, ja Fie Sling heiss!"

Und jetzt sah ich den Sänger auch, ein kleiner Mann hüpfte um das Feuer herum, kicherte und gickerte und schien sich köstlich zu amüsieren.
Als er mich gewahrte, blieb er abrupt stehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte mich kühl. "Bist du schon lange hier?" fragte er unfreundlich. "Hast du dich rangeschlichen und mir zugehört?"

"Bewahre!" sagte ich schnell. "Ich bin nur gekommen, weil ich das Feuer gesehen habe und weil es so kalt ist. Ausserdem brauche ich Hilfe. Was hast du denn gesungen?"
"Ach, nichts besonderes, bloss so ein Liedchen. Das brauchst du nicht zu kennen, bringt ja nichts. Hihi. Aber, wie heisst du eigentlich? Ist das deine Farm, die da im Hintergrund?"
"Ich bin Sofia. Und die Farm, ja, die ist meine, oder vielleicht müsste ich sagen: Die habe ich gepachtet. Gehören tut sie mir nicht. Und wie heissest denn du?"
"Tschuldigung, hab ja ganz vergessen, mich selber vorzustellen. Mein Name ist Sling, Fie Sling. Und es ist gut, dass du sagst, dass du die Farm nur gepachtet hast. Denn mir gehört sie, mir ganz alleine! Das darf keiner vergessen, gar keiner! Auch du nicht!!"
Etwas erstaunt sah ich Fie an. "Schon gut, ich habs ja verstanden. Du bist der Chef, und dir gehört alles. Aber, wenn du schon hier das Sagen hast: Kannst du bitte dafür sorgen, dass das schreckliche Rumpeln und Quietschen der Mühle wieder aufhört und sie sich ordentlich dreht? Ich habe viel Geld investiert, damit die Mühle schneller mahlen kann, und jetzt kommt sie kaum noch vom Fleck. Bitte schick doch einen, der sie repariert."
Ich hatte mit allem gerechnet, bloss nicht mit dem, was jetzt geschah. Fie begann zu lachen, ein schrilles, misstönendes Meckern klang aus seinem Munde, und er konnte sich kaum mehr beruhigen. "Reparieren? Hihi, du spinnst wohl. Keinesfalls werde ich dir einen Mechaniker schicken. Wofür hältst du mich eigentlich?!
Aber keine Angst, ich werde dir helfen, - auf meine Weise: Ich werde dir einen Lastwagen vorbei schicken, der dir Futter bringt. Vor allem dieses eine Futter, dass du am häufigsten brauchst, damit deine Tiere gesunde und starke Junge bekommen. Du kannst so viel davon haben, wie du nur willst. Es kostet etwas, aber weil du es bist, gebe ich es dir zu einem Sonderpreis. Hihi, ja, zu einem Sonderpreis ..."

Etwas fassungslos sah ich Fie an. "Aber ich habe doch bereits bezahlt für die Mühle. Warum soll ich jetzt das teure Futter kaufen? Zudem habe ich einen Vertrag abgeschlossen in dem genau steht, wie schnell die Mühle laufen wird, wenn ich das Geld investiere ... Und wenn wir schon dabei sind: Ich habe noch mehr Geld in meine Farm gesteckt, damit ich wirklich leichter anbauen und schneller voran kommen kann und damit auch die Tiere gedeihen. Doch in letzter Zeit sind etliche Verträge plötzlich aufgelöst worden. Das geht doch nicht! Vertrag ist doch Vertrag, oder stehst du nicht mehr zu deinem Wort?!"

Fie grinste und winkte ab: "Verträge? Die gelten nicht, oder nur, solange ich will. Ich bin der Herr, und ich habe das Recht, jederzeit alles zu verändern, ganz so, wie ich es für gut halte. Es geht um die Balance, verstehst du, und so ein simpler Farmer wie du kann das überhaupt nicht begreifen. Jaja, die Balance, hihi, wofür die alles gut ist ...
Und nun geh. Ich habe weder Lust noch Zeit, mich um deine Probleme zu kümmern. Ich habe meine eigenen, die ich lösen muss!"

Fie schickte mich ungeduldig und unfreundlich fort. Er brannte darauf, mich los zu werden. Ich ging, Hilfe erhielt ich ja keine von ihm. Als ich ausser Hörweite war, drehte ich mich um. Täuschte ich mich? Oder hatte er wieder mit seinem seltsamen Tanz um das Feuer begonnen, dieser merkwürdige Chef?

Die Neugier stach mich, und ganz langsam schlich ich mich zurück in die Nähe des Feuers. Hinter einem Busch kauerte ich mich hin und lauschte. Ja, er tanzte wieder. Und er sang. Der Wind wehte die Worte zu mir herüber, und ich verstand sein Lied, oder wenigstens das meiste davon:

"Heute geb ich,
morgen nehm ich,
übermorgen mache ich den grössten Gewinn.
Denn ich dreh die Farmerwelt,
ganz so, wie es mir gefällt ...

Hahaha, hahaha,
Ärger ist für alle da.
Wird das Schreien gar zu gross,
dann lass ich den Bonus los.
Sage schnell: Es tut mir leid,
zeig mich reuig und bereit.

Hihihi, hihihi,
Regeln gelten für mich nie!
Hohoho, hohoho,
ja, das ist hier eben so.
Ist das nicht nach Farmers Sinn,
ja, dann geh woanders hin!"

Hatte ich recht gehört? Das durfte doch nicht wahr sein! Wollte mich der Kerl veralbern? Empört stand ich auf: "Fie, das ist doch die Höhe!!!", wollte ich schreien, "ich habe doch bezaaahhl ..."

Der Sturm riss mir nicht nur die Worte vom Mund, er riss mich völlig um! Ich schrie, als ich stürzte.
Und erwachte! Puh, ich spürte mein Herz rumpeln. Fast so wild, wie die Mühle vorhin in dem Sturm. Die Mühle, auf meiner Farm, die doch gar nicht meine war. War ich nun an jenem Feuer gewesen, oder doch nicht?

War alles nur ein böser Traum?

 

Eine schöne Geschichte. Also der Anfang.
Und wahr, leider wahr.
Also gehen wir?

 

Vielleicht hätte ich den Titel anders formulieren sollen:

Ich träumte einen Albtraum ...

 

Toll geschrieben !​

 

Danke für die leider nur zuuu wahre Geschichte!!!
Und LEIDER ist es kein Traum...es wäre schön, man würde morgen früh aufwachen und
der dicke Punkt hätte diesen ganzen Mist der letzten Zeit nicht verbockt

Ach ja, und wenn der Slingdingens den Laster mit dem besten Sonderfutter bei mir
vorbei schickt...nix...aber auch gar nix wird gekauft!!!

 

Hallo Sofia, danke für die Geschichte.
Traurige Grüße

 

hallo sofia danke für die geschichte
eine entäuschte userin

 

Dankeschön!!!
Wie schön du das in ein Märchen gewoben hast- klasse!

 

Träume, Märchen - Legenden... .

Wie treffend die doch sein können!

 

danke sofia, einfach super in worte gefaßt wie ich mich die ganzen tage fühle
glg töpfchen

 

Liebe sofia!!

Das hast du sehr treffend verpackt in ein (Alb-)traummärchen! Vielen Dank dafür!

.....und leider ist es wahr geworden.....

GLG Sibille

 

Alle Achtung
Du hast genau ausgedrückt was ich empfinde
Ich spiele Farmerama seit vier Jahren und es hat mir sehr viel Freude gemacht
Ich war in jeder Hinsicht ein Neuling und das Spiel war eigentlich zu meiner Entspannung gedacht
Nun bin ich ich nur noch enttäusht und frustriert
lg angelikie

 

Hab die Geschichte gestern Abend als "Gute-Nacht-Geschichte" vorgelesen bekommen am Telefon von einer lieben Nachbarin

Ich bekomme die jetzt 1x wöchentlich vorgelesen, damit ich die nie vergessen kann ...


Limette

 

Klasse geschrieben und leider ist da viel wahres dran.

 

passt auch hier:
Nu is abba mal Schluß mit Spiel-Einschränkungen!

 

Hallo sofia543,
toll, jetzt traue ich mich nicht mehr einzuschlafen.
Haste fein hinbekommen

Im Ernst das hast Du sehr schön geschrieben.

Danke

Gruß Örkel

 

Sehr schön geschrieben, liebe sofia .....

.....und leider so wahr.

 

Sehr gut geschrieben...

...schade, dass so viele erdachte Geschichten...

...sehr schmerzliche Realität geworden sind!

 

Klasse, Sofia
super toll geschrieben
echt lesenswert
Danke