Literatur Corner die 2te

Dieses Thema im Forum 'Archiv Rest' wurde von killle gestartet, 4 Oktober 2015.

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  1. Scherbenseele

    Scherbenseele Foren-Grünschnabel

    Spuren im Sand


    Eines Nachts hatte ich einen Traum:
    Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
    Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
    Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
    Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
    meine eigene und die meines Herrn.
    Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen
    war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte,
    daß an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur
    zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten
    Zeiten meines Lebens.
    Besorgt fragte ich den Herrn:
    "Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
    mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
    Aber jetzt entdecke ich, daß in den schwersten Zeiten
    meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
    Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
    meisten brauchte?"
    Da antwortete er:
    "Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
    allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
    Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
    da habe ich dich getragen."

    Originalfassung des Gedichts Footprints © 1964 Margaret Fishback Powers.
    Deutsche Fassung des Gedichts Spuren im Sand © 1996 Brunnen Verlag, Gießen.
     
    cooley, Gartenkarla, Jane_Doe51 und 2 anderen gefällt dies.
  2. keki6464

    keki6464 Kaiser des Forums

    Menschenbeifall

    Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll,
    Seit ich liebe? Warum achtetet ihr mich mehr,
    Da ich stolzer und wilder,
    Wortereicher und leerer war?
    Ach! Der Menge gefällt, was auf dem Marktplatz taugt,
    Und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen;
    An das Göttliche glauben
    Die allein, die es selber sind.

    Friedrich Hölderlin (1770-1843)

    --------------------------


    Existenz im Wiederholungsfalle

    Man müßte wieder sechzehn Jahre sein
    und alles, was seitdem geschah, vergessen.
    Man müßte wieder seltne Blumen pressen
    und (weil man wächst) sich an der Türe messen
    und auf dem Schulweg in die Tore schrein.

    Man müßte wieder nachts am Fenster stehn
    und auf die Stimmen der Passanten hören,
    wenn sie den leisen Schlaf der Straßen stören.
    Man müßte sich, wenn einer lügt, empören
    und ihm fünf Tage aus dem Wege gehn.

    Man müßte wieder durch den Stadtpark laufen
    mit einem Mädchen, das nach Hause muß
    und küssen will und Angst hat vor dem Kuß.
    Man müßte ihr und sich, vor Ladenschluß,
    für zwei Mark fünfzig ein paar Ringe kaufen.

    Man würde seiner Mutter wieder schmeicheln,
    weil man zum Jahrmarkt ein paar Groschen braucht.
    Man sähe dann den Mann, der lange taucht.
    Und einen Affen, der Zigarren raucht.
    Und ließe sich von Riesendamen streicheln.

    Man ließe sich von einer Frau verführen
    und dächte stets: das ist Herrn Lehmanns Braut.
    Man spürte ihre Hände auf der Haut.
    Das Herz im Leibe schlüge hart und laut,
    als schlügen nachts im Elternhaus die Türen.

    Man sähe alles, was man damals sah.
    Und alles, was seit jener Zeit geschah,
    das würde nun zum zweitenmal geschehn ...
    Dieselben Bilder willst du wiedersehn?
    Ja!

    ( Erich Kästner )
     
    Zuletzt bearbeitet: 13 Mai 2016
    cooley, AUK1 und killle gefällt dies.
  3. killle

    killle Lebende Forenlegende

    Es kommt für jeden der Augenblick der Wahl und der Entscheidung: Ob er sein eigenes Leben führen will, ein höchst persönliches Leben in tiefster Fülle, oder ob er sich zu jenem falschen, seichten, erniedrigenden Dasein entschließen soll, das die Heuchelei der Welt von ihm begehrt.
    Oscar Wilde
    (1854 - 1900), eigentlich Oscar Fingal O'Flahertie Wills, irischer Lyriker, Dramatiker und Bühnenautor

    Edit*Tabaluga*: hinterlegten Fremdlink entfernt



    Ehekrach



    »Ja -!«
    »Nein –!«
    »Wer ist schuld?
    Du!«

    »Himmeldonnerwetter, laß mich in Ruh!«
    – » Du hast Tante Klara vorgeschlagen!
    Du läßt dir von keinem Menschen was sagen!
    Du hast immer solche Rosinen!
    Du willst bloß, ich soll verdienen, verdienen –
    Du hörst nie. Ich red dir gut zu . . .
    Wer ist schuld –?
    Du.«

    »Nein.«
    »Ja.«

    – » Wer hat den Kindern das Rodeln verboten?
    Wer schimpft den ganzen Tag nach Noten?
    Wessen Hemden muß ich stopfen und plätten?
    Wem passen wieder nicht die Betten?
    Wen muß man vorn und hinten bedienen?
    Wer dreht sich um nach allen Blondinen?

    Du –!«

    »Nein.«
    »Ja.«
    »Wem ich das erzähle ...!
    Ob mir das einer glaubt –!«
    – »Und überhaupt –!«
    »Und überhaupt –!«
    »Und überhaupt –!«

    Ihr meint kein Wort von dem, was ihr sagt:
    Ihr wißt nicht, was euch beide plagt.
    Was ist der Nagel jeder Ehe?
    Zu langes Zusammensein und zu große Nähe.

    Menschen sind einsam. Suchen den andern.
    Prallen zurück, wollen weiterwandern ...
    Bleiben schließlich ... Diese Resignation:
    Das ist die Ehe. Wird sie euch monoton?
    Zankt euch nicht und versöhnt euch nicht:
    Zeigt euch ein Kameradschaftsgesicht
    und macht das Gesicht für den bösen Streit
    lieber, wenn ihr alleine seid.

    Gebt Ruhe, ihr Guten! Haltet still.
    Jahre binden, auch wenn man nicht will.
    Das ist schwer: ein Leben zu zwein.
    Nur eins ist noch schwerer: einsam sein.
    Kurt Tucholsky
     
    Zuletzt bearbeitet von Moderator: 22 Mai 2016
  4. Jane_Doe51

    Jane_Doe51 Lebende Forenlegende

    Rezept

    Jage die Ängste fort
    und die Angst vor den Ängsten.
    Für die paar Jahre wird wohl alles noch reichen.
    Das Brot im Kasten
    und der Anzug im Schrank.

    Sage nicht mein.
    Es ist dir alles geliehen.
    Lebe auf Zeit und sieh,
    wie wenig du brauchst.
    Richte dich ein.
    Und halte den Koffer bereit.

    Es ist wahr, was sie sagen:
    Was kommen muss, kommt.
    Geh dem Leid nicht entgegen.
    Und ist es da,
    sieh ihm still ins Gesicht.
    Es ist vergänglich wie Glück.

    Erwarte nichts.
    Und hüte besorgt dein Geheimnis.
    Auch der Bruder verrät,
    geht es um dich oder um ihn.
    Dein eignen Schatten nimm
    zum Weggefährten.

    Feg deine Stube wohl.
    und tausche den Gruß mit dem Nachbarn.
    Flicke heiter den Zaun
    und auch die Glocke am Tor.
    Die Wunde in dir halte wach
    unter dem Dach im Einstweilen.

    Zerreiß deine Pläne. Sei klug
    und halte dich an Wunder.
    Sie sind lang schon verzeichnet
    im großen Plan.
    Jage die Ängste fort
    und die Angst vor den Ängsten.

    Mascha Kaléko
     
    Lottchen, trizi2, cooley und 2 anderen gefällt dies.
  5. killle

    killle Lebende Forenlegende

    Wir haben also sagen wollen: dass alle unsre Anschauung nichts als die Vorstellung von Erscheinungen sei; dass die Dinge die wir anschauen, nicht das an sich selbst sind, wofür wir sie anschauen, noch ihre Verhältnisse so an sich selbst beschaffen sind, als sie uns erscheinen, und dass, wenn wir unser Subjekt oder auch nur die subjektive Beschaffenheit der Sinne überhaupt aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verhältnisse der Objekte in Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden würden, und als Erscheinungen nicht an sich selbst, sondern nur in uns existieren können.
    Immanuel Kant

    -------------------------------------------

    Wenn ich bin, was ich bin, weil du bist, was du bist, und wenn du bist, was du bist, weil ich bin, was ich bin, dann bin ich nicht ich, und du bist nicht du.
    Hillel
     
  6. keki6464

    keki6464 Kaiser des Forums

    Wenn ich das so lese entsteht bei mir der Eindruck : der gute Immanuel hat Farmerama vorausgesehen
     
    cooley gefällt dies.
  7. killle

    killle Lebende Forenlegende

    xDxD
     
    cooley und keki6464 gefällt dies.
  8. **ScarlettO`Hara**

    **ScarlettO`Hara** S-Moderator Team Farmerama DE

    Hallo zusammen,
    hier wurde seit 1 Monat nichts mehr geschrieben,ich schließe dann mal ab.
    Bei Bedarf kann ja wieder geöffnet werden.

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    killle gefällt dies.
  9. Jane_Doe51

    Jane_Doe51 Lebende Forenlegende

    Danke Scarlett!

    Das folgende Gedicht habe ich gefunden und wollte es gerne hier lassen:

    Beim Schlafengehen

    Nun der Tag mich müd gemacht,
    soll mein sehnliches Verlangen
    freundlich die gestirnte Nacht
    wie ein müdes Kind empfangen.

    Hände lasst von allem Tun,
    Stirn, vergiss nun alles Denken;
    all meine Sinne nun
    sollen sich in Schlummer senken.

    Und die Seele, unbewacht,
    will in freien Flügen schweben,
    um im Zauberkreis der Nacht
    tief und tausendfach zu leben.

    Herrmann Hesse
     
  10. =Aponi=

    =Aponi= Lebende Forenlegende Team Farmerama DE

    ich schliesse diesen Thread nun, da er nicht frequentiert wird.


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